Abfindung verhandeln: Chancen und Fallstricke
Das Thema Abfindungen ist im Finanz- und Bankwesen fast allgegenwärtig. „In großen Häusern wird quasi ständig umstrukturiert“, so Marcus Michel, der seit vielen Jahren als Headhunter tätig ist und außerdem als Dozent an der Frankfurt School of Finance & Management lehrt. Wer im Banking eine Abfindung angeboten bekomme, dürfe dies laut Michel nicht persönlich nehmen. „Das ist ‚part of the game‘, das gehört dazu“, so Michel.
Dass das Thema Abfindungen seit Jahren aktuell ist, bestätigt auch Michael Krekels, Vorstandsvorsitzender des DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte in Essen. Krekels ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und seit 14 Jahren beim DFK tätig. Gemeinsam mit seinen Kollegen berät er seine ca. 20.000 Verbandsmitglieder in arbeitsrechtlichen Fragen. „Aufhebungsverträge sind bei uns ein Dauerbrenner“, so Krekels.
Freiwilligenpakete: Der goldene Handschlag
In Konzernen sind Abfindungsangebote ein absolut übliches Instrument, um den „Headcount“, also die Zahl der Beschäftigten, zu reduzieren. Auch in der Banken- und Finanzbranche gibt es viele Player, bei denen es quasi ein dauerhaftes Angebot gibt, das Unternehmen im Tausch gegen eine Abfindung zu verlassen. Beschäftigte können sich für die „Pakete“ bewerben, und es gilt das „doppelte Ja“: Neben dem Mitarbeiter muss auch der Vorgesetzte in die Trennung einwilligen.
Eine Abfindung zu nehmen, kann verlockend sein: Wer lang im Unternehmen war, kann mit einer beträchtlichen Summe rechnen und nach dem Ausscheiden – sofern gewünscht – direkt eine neue Stelle antreten. Wer schon länger in einem Konzern tätig ist und über einen Jobwechsel nachdenkt, der sollte prüfen, ob es entsprechende Programme gibt.
Die große Frage ist, wie hoch die angebotene Abfindungszahlung ist. „Hier wird ganz generell zwischen tariflichen und außertariflichen Mitarbeitern unterschieden“, so Anwalt Michael Krekels. Erstgenannte könnten mit einem halben Monatsgehalt pro Jahr Betriebszugehörigkeit rechnen. Leitende Angestellte, die außertariflich vergütet werden, bekämen tendenziell eher ein ganzes Monatsgehalt pro Jahr im Unternehmen – Experten sprechen dann vom „Faktor 1,0“. Es kommt durchaus vor, dass der Faktor auch bei 1,5 liegt, dass also 1,5 Monatsgehälter pro Jahr Betriebszugehörigkeit bezahlt werden.
„Entscheidend ist allerdings nicht nur der Faktor, sondern auch, was unter ‚Monatsgehalt‘ verstanden wird“, erklärt Krekels. Im schlechtesten Fall ist dies wirklich nur das monatliche Bruttogehalt. Im besten Fall werden sämtliche Gehaltsbestandteile – also Grundgehalt, variabler Gehaltsanteil, etwaige Betriebsrenten, Dienstwagen und Langzeit-Incentives wie Aktienprogramme – addiert und durch 12 geteilt.
„Jeder Konzern hat eine eigene Trennungskultur“, weiß Michael Krekels aus seiner Beratungspraxis. „Wenn Sie sich als Mitarbeiter fragen, was in Ihrem Unternehmen üblicherweise an Abfindungen bezahlt werden, sollten Sie sich an den Betriebsrat wenden.“ Für leitende Angestellten und Führungskräfte ist der sogenannte Sprecherausschuss zuständig. Häufig sei die Berechnung von Abfindungen in eigenen „Sprecherausschussvereinbarungen“ geregelt.
Wenn es entsprechende Vereinbarungen gibt, dann sind diese laut Krekels auch bindend – noch mehr herauszuschlagen, ist kaum möglich, da Unternehmen sich scheuen, Ausnahmen zu gewähren. „In diesem Fall raten wir, andere Möglichkeiten zu suchen, etwa den Zeitraum der Freistellung auszudehnen, die Boni betragsmäßig festzuschreiben, den Beendigungstermin weiter nach hinten zu schieben, Arbeitgeberdarlehen auf Null setzen und ähnliches.“
Abfindung und Kündigung
„Es gibt in Deutschland kein Recht auf eine Abfindung“, so Krekels. Wenn einem die Kündigung drohe, sollte man schnellstmöglich einen Fachanwalt für Arbeitsrecht einschalten. Denn: Mitarbeiter rechtskonform zu kündigen, ist für Unternehmen aufgrund des geltenden Kündigungsschutzes in Deutschland relativ schwierig – die Chancen, sich stattdessen auf einen Aufhebungsvertrag zu einigen, sind gut. Hier sollte man, so Krekels, allerdings taktisch klug vorgehen: Ratsam ist es, nicht gleich einen Anwalt zu beauftragen, sondern die Verhandlungen mit dem Arbeitgeber zunächst selbst zu führen, sich aber im Hintergrund arbeitsrechtlich beraten lassen. Auf diesem Wege, so Krekels, könne man sich meist gedeihlich einigen und das Unternehmen „im Guten“ verlassen.
Anders sieht es allerdings aus, wenn man wirklich gekündigt wird. „In einem solchen Fall sollten Sie Kündigungsschutzklage einlegen“, rät Krekels – hierbei muss beachtet werden, dass die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zustellung der Kündigung eingereicht werden muss. Hat man einen Anwalt beauftragt, läuft die Kommunikation mit dem Arbeitgeber ausschließlich über ihn.
„Geh mit Geld, aber geh“: Aufhebungsvertrag
Anstelle von Kündigungen wählen viele Unternehmen Aufhebungsvereinbarungen, um sich von Mitarbeitern zu trennen – und in diesem Zuge wird häufig eine Abfindung angeboten, getreu dem Motto: „Geh mit Geld, aber geh“. Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen muss die Abfindung oft individuell ausgehandelt werden – hier kann es für Beschäftigte sinnvoll sein, sich arbeitsrechtlich beraten zu lassen oder auch das Know-how von Verbänden wie dem DFK zu nutzen. Doch auch wenn es mit der Abfindung in der gewünschten Höhe klappt, sollte man eins nicht vergessen: Die Summe mag auf dem Kontoauszug gut aussehen, das Geld muss allerdings noch versteuert werden. Die Versteuerung erfolgt dabei nach der sogenannten Fünftelungsmethode. Der Abfindungsbetrag wird über fünf Jahre hinweg versteuert, die Steuer fällt aber bereits im Jahr der Auszahlung komplett an.
Photo by Mantas Hesthaven on Unsplash
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