GASTBEITRAG: Wieso sich Buy-Side-Trader maßlos überschätzen
Wer als Trader auf der Buy-Side - z. B. bei einer Fondsgesellschaft oder einem Hedgefonds - arbeitet, hält sich oft für etwas Besonderes. Schließlich möchte jeder irgendwie auf der Buy-Side arbeiten. Sie haben also einen Job, für den so mancher einen Mord begehen würde. Auch wenn das der Fall sein sollte, haben viele Leute keine richtige Vorstellung davon, wie so ein Job aussieht. Wer selbst in dem Markt arbeitet, weiß, dass sie meist mit mittelmäßigen Leuten besetzt sind, die nur Knöpfe drücken.
Bei den meisten Buy Side-Tradern handelt es sich um sogenannte „Execution Trader“. Es handelt sich also um Leute, die Trades ausführen, die sich andere Leute ausgedacht haben. In der Praxis läuft dies darauf hinaus, den „Kaufen-“ oder „Verkaufen“-Knopf zu drücken und den jeweiligen Broker auszuwählen. Mit etwas Glück kommen Sie auf drei Mouse-Klicks, um einen Handelsauftrag zu vergeben. Bei diesen Tradern handelt es sich regelmäßig um das schwächste Glied der Kette: Sie haben normalerweise keine Ahnung von der allgemeinen Wirtschaft und den Vorgängen im Markt.
Wie die meisten mittelmäßigen Leute sind sie sich ihrer Unzulänglichkeiten nicht bewusst. 90 Prozent ihrer Arbeit besteht aus dem „Copy/Paste“ von Aufträgen, die ihnen die Broker über ihren Bloomberg-Terminal senden und diese an ihre Portfoliomanager weiterleiten. Dabei benehmen sie sich als wären sie George Soros. Sie alle geben zwar vor, sie seien unglaublich beschäftigt, dennoch verbringen sie die meiste Zeit damit, irgendwelche Nachrichten wie die US-Arbeitsmarktdaten oder irgendeinen Bloomberg-Chat zu verfolgen. Meiner Erfahrung nach haben viele Probleme, diese Informationen zu verarbeiten. Glücklich sind sie nur, wenn sie in teure Restaurants und teure Bars gehen, um die Broker bei Laune zu halten – vor allem zum „Name Dropping“.
Dies bringt mich zur schlechtesten Eigenschaft von Buy-Side-Tradern: Sie sind Snobs. Und wie so viele Snobs schauen sie auf andere Leute herab – wie z. B. die Trader von der Sell-Side. Sell-Side-Tadern gegenüber benimmt sich so mancher Trader von der Buy-Side wie ein Drittweltdiktator und wer auf der Sell-Side arbeitet, muss mit ihren ungerechtfertigten Beschwerden zurechtkommen. Für einen Buy-Side-Trader stellt es ein Leichtes dar, sich über einen Broker zu beschweren. Wenn Sie deswegen Ihren Job oder Bonus verlieren, dann stellt das keinen Spaß dar.
Nicht dass sich Buy-Side-Trader um ihre Opfer auf der Sell-Side scheren würden. Ich habe schon miterlebt, wie sie sich über Sell-Side-Trader lustig gemacht haben, die wegen ihrer ungerechtfertigten Klagen bestraft wurden. Die Manager der Fondsgesellschaften schauen oft über die höhnischen Kommentare ihrer Trader hinweg, weil sie genau wissen, dass sie so Druck auf die Broker ausüben und einen guten Deal bekommen.
Das klingt bitter, aber genau so fühle ich mich. In der Vergangenheit konnte ich meine Hypothek nicht bedienen, weil sich zwei meiner Kunden ständig über mich beschwerten – und zwar völlig grundlos. Sie wollten bloß lieber mit meiner Kollegin arbeiten. Banken schauen sich ständig nach Möglichkeiten um, ihre Kosten zu senken. Wen schert es da, dass 58 Kunden zufrieden sind, wenn sich zwei beschweren – gleich ob das gerechtfertigt ist oder nicht?
Antonio Mullen ist ein Pseudonym eines verärgerten Sell-Side-Traders.