Chinesische Trader in London wollen weg: „Die Briten verlieren die Kontrolle“
Nachdem Europa China als Epizentrum der Coronavirus-Pandemie abgelöst hat, fühlen sich chinesische Banker vor Ort in London zunehmend unwohl. Einige überlegen bereits, die Stadt zu verlassen – und zwar schnell.
„Viele von uns überlegen, zurück nach China zu gehen, auch wir damit unser Leben und unsere Arbeitsplätze hier aufs Spiel setzen würden. Aber wir haben das Gefühl, dass die Situation hier bald außer Kontrolle gerät“, sagt ein chinesischer Devisenhändler bei einer europäischen Bank in London. „Wir haben erlebt, was in Wuhan/China passiert ist und wissen sehr genau (und besser als unsere hiesigen Kollegen) wie schlimm es ohne eindämmende Maßnahmen werden könnte.“
Ein führender chinesischer Trader bei einer anderen Bank warf der UK-Regierung vor, die Risiken herunterzuspielen. „Die Reaktion der Regierung war so lau, dass es in der britischen Öffentlichkeit kein Bewusstsein für den Ernst der Lage gibt. Das Leben geht weiter wie immer, abgesehen von ein paar Hamsterkäufen von Toilettenpapier und Desinfektionsmitteln.“
Dass das Tragen von Masken in Großbritannien kulturell nicht akzeptiert ist, ist nicht gerade hilfreich. Viele Chinesen und Asiaten im Finanzsektor empfinden es als Pflicht, einen Gesichtsschutz zu tragen, doch nur wenige haben dabei ein gutes Gefühl. „Mir wäre es am liebsten, wenn meine Kollegen Masken tragen würden, aber mir ist klar geworden, dass das nicht passieren wird. Das liegt an kulturellen Unterschieden und daran, wie Medien hier die Wirksamkeit von Gesichtsmasken darstellen“, so der Devisenhändler. „Ich fühle mich nicht wohl dabei, in der Öffentlichkeit eine Gesichtsmaske zu tragen. Es gibt rassistische Vorbehalte gegenüber uns Asiaten, weil der Virus sich zuerst in China ausgebreitet hat“, sagt eine führende Traderin einer asiatischen Bank.
„Ich wünschte die britische Regierung würde harte Kontrollen einführen oder wenigstens deutlich dazu auffordern, ‚social distancing’ zu praktizieren und Großveranstaltungen einzuschränken“, fügt sie hinzu.
Asiatische Trader in London sind der Meinung, dass Maßnahmen wie das Aufteilen der Mitarbeiter in zwei rotierende Teams nutzlos sind, wenn gleichzeitig auf Masken verzichtet wird. „In Singapur wurden Masken rationiert und es wird dazu aufgerufen, sorgsam mit ihnen umzugehen. Wer ins Büro kommt, trägt eine Maske. So wird die Sicherheit der aufgeteilten Teams gewährleistet.“
In New York gibt es ähnliche Bedenken. Ein Trader bei einer französischen Bank dort sagt, dass das Aufteilen in zwei Teams kurzsichtig sei. „Wer infiziert ist, steckt andere im Büro an und es verbreitet sich wie ein Lauffeuer.“
Trader aus China sagen, dass der Virus nicht verharmlost werden dürfe. „Wir sehen hier ein Problem, und zwar dass man zu selbstgefällig ist. Man hat sich hier noch immer nicht wirklich über den Virus informiert und die Gelegenheit, ihn einzudämmen, wurde verpasst.“
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