Um 3 Uhr nachts noch auf E-Mails reagieren müssen: Junger Banker leakt Nachricht seines Vorgesetzten
Wir haben oft schon darüber berichtet: Als Junior-Investmentbanker im Home Office zu arbeiten, ist nicht so einfach wie erhofft. Viele junge Banker sind wieder zuhause bei den Eltern eingezogen, die wiederum über deren verrückte Arbeitszeiten als Analysten so entsetzt sind, dass einige versuchen, sie von ihren Laptops loszueisen.
Eine nun veröffentlichte E-Mail macht deutlich, wie übertrieben die Erwartungen bei einigen Banken sind. Die Mail wurde letzten Mittwoch (13. Mai) verschickt. Sie wurde zunächst auf dem Instagram-Account von Arbitrage Andy veröffentlicht und zirkuliert mittlerweile auch in den Wall Street Oasis forums.
Die E-Mail wurde dem Vernehmen nach von einem Mitarbeiter der Boutiquebank PJT Partners verschickt – er bittet darin seine jungen Kollegen, Änderungen an einem Pitchdeck vorzunehmen. Als einer der Angesprochenen antwortet, dass er zum Zeitpunkt der E-Mail um 3 Uhr morgens im Bett gewesen sei und die geforderten Änderungen darum erst morgens nach dem Aufwachen in Angriff nehmen konnte, deutet der Vorgesetzte an, dass dies inakzeptabel sei.
„Klar ist: Ich arbeite nach ET (Eastern Time)“, erklärte dieser. „Und ich erwarte von meinen Mitarbeitern, dass sie sich abmelden, wenn sie Feierabend machen.“
Er habe seinen Mitarbeitern angekündigt, dass er noch Änderungen habe und dass diese erst um 3 Uhr früh gekommen seien, sei „keine Entschuldigung“ dafür, dass diese nicht direkt umgesetzt wurden. „Ich schlafe im Durchschnitt maximal fünf Stunden pro Nacht und erwarte das auch von meinen Mitarbeitern, vor allem wenn Deals in die heiße Phase gehen. Bitte schaut euch meine Kommentare an und setzt diese so schnell wie möglich um.“
Wie schon mehrfach berichtet, wird bei Boutiquebanken häufig mehr gearbeitet als bei großen Investmentbankern, bei denen es feste Vorgaben gibt, mit denen die Arbeitsbelastung von jungen Mitarbeitern reduziert werden soll. Boutiquebanken sind normalerweise schlanker und auf einen Managing Director kommen hier prozentual weniger Analysten und Associates, die gemeinsam Modellierungen entwickeln und Pitches vorbereiten – die Arbeitslast für junge Mitarbeiter ist entsprechend höher.
Ein Sprecher von PJT Partners erklärte: „Zu Personalangelegenheiten äußern wir uns nicht. Für PJT Partners stehen eine Kultur des Respekts, Zusammenarbeit und die Verpflichtung zur Exzellenz an erster Stelle. Uns geht es auch in der aktuellen Situation darum, uns gegenseitig zu unterstützen und unseren Kunden zu dienen.“
Paul Taubman, Gründer und CEO von PJT Partners hatte unlängst erklärt, dass die Arbeit im Home Office effizienter sei als beim Kunden vor Ort: „Auf diese Weise können wir uns wirklich jede Minute, jede Stunde, jeden Tag in den Dienst unserer Kunden stellen, ohne dass Zeit verloren geht. Ich denke, dass wir dadurch deutlich intensiver arbeiten und sehr viel effizienter sind.“
Die E-Mail lässt vermuten, dass der Fall bei PJT eine Ausnahme ist – doch auch anderswo werden von jungen Mitarbeitern während des Lockdowns viele Überstunden erwartet. Ein junger Mitarbeiter bei einer anderen Boutiquebank gab an, dass er während der Pandemie regelmäßig bis 3 Uhr früh arbeite. Ein Analyst aus London, der wieder bei seinen Eltern eingezogen ist, berichtet dass ihm seine langen Arbeitszeiten erst jetzt wirklich bewusst werden – Grund: Seine Geschwister machen um 17:30 Uhr Feierabend.