Sollte man seinen Tech-Job im Banking aufgeben und zu AWS wechseln?
Wer als Tech-Mitarbeiter bei einer Investmentbank arbeitet und seine Employability verbessern will, sollte sich für den nächsten Karriereschritt möglicherweise außerhalb der Finanzbranche umschauen. Jetzt wo Banken ihren Geschäftsbetrieb in die Cloud verlagern, gehört zu einem wirklich gefragten Skillset, dass man Erfahrung bei einem der großen Cloud Service Provider vorweisen kann.
Auf der Suche nach Talenten schielen Banken vor allem auf Amazon Web Services (AWS). Marco Argenti, seit Oktober neu als Co-Chief Information Officer bei Goldman Sachs, war zuvor sechs Jahre lang Vice President bei AWS. Rob Cochran, der gerade erst als MD im Tech-Bereich bei Goldman Sachs angefangen hat, war vorher als Senior Product Manager bei Amazon Web Services in Seattle tätig. JPMorgan hat im letzten Jahr sein Cloud Engineering nach Seattle verlegt – vermutlich weil Cloud-Anbieter wie AWS dort sind und man so leichter deren Mitarbeiter abwerben kann.
Doch auch AWS selbst sucht Mitarbeiter. Das Unternehmen war an einer Reihe von Initiativen beteiligt und hat die Pandemie blendend überstanden. Bei Amazon sind aktuell 450 Stellen bei Amazon Web Services in London ausgeschrieben, darunter Jobs als Solutions Architect und Compliance Mitarbeiter im Bereich Financial Services, sowie zahllose Stellen als Devops Partner für Kunden aus dem Finanzwesen. In New York sind weitere 500 AWS-Stellen zu besetzen – gesucht wird etwa ein Financial Services Specialist, der Beziehungen zu Banken und Finanzinstitutionen aufbauen und Sales-Aktivitäten vorantreiben soll.
Wie ergeht es einem, wenn man aus dem Banking zu AWS wechselt? Ned Lowe, Chief Technology Officer bei SingLife, einem Tech-basierten Lebensversicherungs-Unternehmen in Singapur, erklärt, dass es sowohl fremd als auch vertraut sei. Lowe selbst war 2016 vom Quartz Team bei Bank of America zu AWS gewechelt, war dort 14 Monate lang tätig und dann letztes Jahr zu SingLife gegangen.
„Bei AWS habe ich mit verschiedensten Finanzakteuren aus dem Versicherungs- und Bankwesen an deren Digitaltransformation und Cloud Journeys gearbeitet“, so Lowe. „Die Unternehmenskultur bei AWS ist sehr anders als die in traditionellen Finanzinstitutionen“, hat er beobachtet. Und doch gäbe es auch Gemeinsamkeiten: AWS ist kein Start-Up, sondern ein etabliertes Unternehmen mit klaren Arbeitsabläufen.
Lowe erklärt, dass der größte Unterschied zwischen AWS und Großbanken das schnellere Tempo sei. AWS ist nicht reguliert. Das bedeutet, dass man als einzelner Mitarbeiter „Entscheidungen treffen kann, ohne dafür eine Freigabe von oben einholen zu müssen“.
„Die Unternehmenskultur bei AWS basiert auf dem Prinzip des ‚single-threaded leader‘“, so Lowe. „Der Begriff kommt aus dem Computing und bedeutet im Kern, dass ein Mitarbeiter dazu fähig ist, Entscheidungen für sein Team zu treffen ohne andere Geschäftsbereiche zu konsultieren oder – wie im Finanzwesen – die Erlaubnis dazu bei seinen Vorgesetzten einholen zu müssen.“
In der Praxis, so Lowe, bedeutete das, dass er beispielsweise zu einem Kunden nach Australien fliegen konnte, ohne sich das erst langwierig genehmigen lassen zu müssen. „Ich durfte tun, was das Beste für meine Kunden war. Entscheidungsstrukturen sind viel weniger komplex und hierarchisch als im Finanzwesen und die Entscheidungen, die dann dabei herauskommen, sind im Ergebnis oft besser.“
Bei AWS kämen – so hat Lowe es erlebt – sehr viele Leute aus dem Finanzwesen, vor allem aus Stellen rund um die Infrastruktur von Finanzdienstleistungen. „Ich gehe davon aus, dass in Zukunft mehr Leute ihre Karriere direkt bei AWS beginnen“, sagt er. „Erfahrung mit der Cloud zu haben, wird immer wertvoller. Irgendwann wird das wahrscheinlich im Lebenslauf gar nicht mehr erwähnt – dass man sich damit auskennt, wird irgendwann als selbstverständlich vorausgesetzt.“
Zwar hat Lowe AWS den Rücken gekehrt und ist zu SingLife gewechselt, doch er erklärt, dass seine Zeit dort ein wichtiger Zwischenschritt in Richtung Start-Up-Kultur war. „Ich begegne so vielen Leuten, die gern aus der Finanzwelt in ein Start-Up wechseln wollen und ich rate allen, es so zu machen wie ich. Es ist sinnvoller, zunächst zu einem etablierten Tech-Unternehmen zu gehen und dort mit Start-Ups zu tun zu haben, als direkt von der Bank zum Start-Up zu wechseln und dann einen Kulturschock zu erleben.“
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