Schleichender Verdacht, dass Banker/Trader im Home Office weniger arbeiten
Was, wenn Jamie Dimon recht hat? Was, wenn Freitagnachmittags alle, die im Home Office arbeiten, Netflix schauen oder Sauerteigbrot backen, anstatt sich in die Arbeit zu stürzen?
Je länger das Arbeiten im Home Office andauert, desto lauter wird der Verdacht – und zwar bei denen, die vor Ort in den Büros sind.
„Einige wenige, die zuhause arbeiten, nutzen das aus“, sagt ein Trader bei Goldman Sachs in New York. „Da gibt es dann ständig Ausreden, nach dem Motto ‚Ich war gerade am Telefonieren‘“.
Banken erfassen, wie viel Angestellte zuhause arbeiten – oft wird allerdings lediglich geschaut, wie viele Telefonate und E-Mails geschickt wurden, oder wie lang jemand bei Skype abwesend war (wobei natürlich getrickst werden kann). Am Beginn der Pandemie machten Fotos von Junior-Bankern aus Hongkong die Runde, die anstatt zu arbeiten zum Wandern in die Berge gegangen waren. Im Wall Street Oasis Forum scherzten junge Banker, dass sie beim Warten auf Änderungswünsche ihrer Vorgesetzten auf der Couch liegen und Netflix schauen. Ein Praktikant im Investmentbanking erklärte im Juli, dass er jeden Tag nur zwei Stunden arbeite und die restliche Zeit im Garten liege und „Ozark auf Netflix schaue“. Dennoch wurde ihm von dem Vice President, der sein Praktikum betreute, bescheinigte, dass er „gute Arbeit“ leiste und man ihn – wenn er so weiter mache – gern übernehmen wolle.
Man könnte annehmen, dass Leute dem Verdacht entgehen wollen, im Home Office faul zu sein und nun vermehrt wieder in die Büros gehen – vor allem jetzt, wo bei Unternehmen wie Goldman Sachs Kündigungsrunden begonnen haben. Laut einem Mitarbeiter von Goldman Sachs ist das allerdings nicht der Fall. Bei denen, die diese Woche gekündigt werden, handelt es sich um Minderleister, die ohnehin jedes Jahr entlassen werden – viele von ihnen waren anscheinend sowieso schon zurück im Büro.
Einige Banker widersprechen der Annahme, dass das Arbeiten im Home Office einfach sei. „Ich hänge freitags fast den ganzen Abend in Telefonkonferenzen mit den USA“, so ein Banker aus London. „Jetzt im Home Office hat das noch zugenommen.“ Er fügt hinzu, dass er im Home Office „definitiv mehr“ arbeitet. Die Zeit, die er früher für An- und Abfahrt brauchte, nutze er jetzt – wie fast alle anderen – zum Arbeiten. „Die Mittagspause findet am Schreibtisch statt (und nicht mehr draußen oder in der Kantine), sodass mein Arbeitgeber auf einen Schlag zwei Stunden zusätzliche Arbeitszeit bekommt“.
Andere munkeln, dass es sich dabei um wenige Ausnahmen handeln dürfte – die große Mehrheit schiebt ab 15 Uhr eine ruhige Kugel. „Es ist wie bei einer Sanduhr“, so der Trader von Goldman Sachs. „Es gibt einige wenige, die im Home Office überkompensieren – die meisten allerdings haben das Handtuch geworfen.“
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