Altersdiskriminierung im Banking: Wie alt ist zu alt, um sich zu bewerben?
Es mag vielleicht überraschend sein, aber es gibt im Banking tatsächlich auch Leute, die jenseits der 50 sind. James Gorman, Chief Executive Officer von Morgan Stanley, ist 62. Bei Goldman Sachs gab es bis vor Kurzem einen Mitarbeiter, der 98 Jahre alt war. Warum soll Altersdiskriminierung im Bankwesen ein Problem sein – es scheint doch durchaus Ältere zu geben?
Ganz so einfach ist es nicht – zumindest dann nicht, wenn man den Einstieg ins Banking sucht. In diesem Fall wird man der Behauptung, dass Bankenjobs offen für alle sind, wohl widersprechen: Die meisten Banken nehmen nur Leute in ganz bestimmten Altersstufen, vor allem bei Einstiegspositionen. Wer zu alt ist, muss sich eine andere Strategie überlegen – oder aufgeben.
Wie alt ist zu alt, um einzusteigen?
„Die meisten Leute in Einstiegsjobs im Bankwesen sind zwischen 20 und 25 Jahre alt“, erklärt ein ehemaliger Trader. „Sobald man älter als 28 ist, ist es deutlich schwieriger, einen Front-Office-Job (im Handel, Vertrieb oder M&A) bei einer Bank zu bekommen“, sagt er. „Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel, aber es ist ungleich schwieriger.“
Ein Headhunter aus dem M&A-Bereich, der anonym bleiben will, berichtet, dass das Problem zwei Seiten habe: Zum einen sei es unwahrscheinlich, dass 30-Jährige bereit sind, die bei jungen M&A-Bankern üblichen 100-Stunden-Wochen mitzumachen. Zum anderen sei die Frage, wie 30-Jährige damit klar kommen, von jemandem geführt zu werden, der jünger ist als sie selbst. Studien der US-Forscherin Alexandra Michel, früher als Bankerin bei Goldman Sachs in New York, legen nahe, dass das Durchschnittsalter im gesamten Kapitalmarktgeschäft bei Banken (M&A, ECM und DCM) bei 35 Jahren liegt.
Karrieren im M&A würden, so der oben genannte Headhunter, im Gleichschritt verlaufen. „Man steigt immer zwischen 20 und 25 ein, macht drei Jahre als Analyst, drei Jahre als Associate und dann drei bis sechs Jahre als VP.“ Das Alter ist also ein Marker für Seniorität.
Abseits von M&A spiele das Alter keine ganz so große Rolle. Die Head of Graduate Recruitment bei einer nordamerikanischen Bank in London sagt, dass sie auch schon mal einen 32-Jährigen für ein Traineeprogramm im Trading eingestellt habe, räumt aber ein, dass dies eher ungewöhnlich gewesen sei. Trainee-Stellen im Trading gingen in den meisten Fällen an 20- bis 25-Jährige.
Am ehesten gelingt der Einstieg in der Finanzwelt mit über 30 in den Bereichen Operations und Technology. Für Operations-Stellen werden beispielsweise auch ehemalige Militärangehörige genommen. „Erfahrung außerhalb der Finanzwelt wird in diesen Bereichen geschätzt und Banken sind dankbar, wenn jemand das mitbringt“, sagt der oben genannte Trader.
Wie alt ist zu alt, um mit einem MBA ins Banking einzusteigen?
Macht es Sinn, einen hochrangigen MBA zu absolvieren, um so den Einstieg in ein Associate-Programm im Banking zu schaffen? Wenn man über 30 ist, kann selbst das schwierig sein, so der M&A-Headhunter (die meisten Banken suchen MBAs vor allem für ihre M&A- und Kapitalmarktabteilungen).
„Es gibt zwar manchmal First-Year-Associates, die 32 oder älter sind, aber das ist sehr selten“, sagt er. „Wenn man in Europa jemandem begegnet, der älter ist, handelt es sich meist um einen Deutschen“, merkt er an. „Die sind erst mit 26 mit dem Studium fertig, haben dann vielleicht vier Jahre lang etwas anderes gemacht und dann erst den MBA absolviert. Das kommt vor, aber es ist nicht optimal.“
In den USA ist der normale Karriereweg der, den auch die Söhne von Ex-Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein eingeschlagen haben: Direkt nach dem Bachelor-Abschluss bei einer Bank einsteigen, zwei oder drei Jahre bleiben, dann einen MBA in Harvard anschließen. Alex Blankfein begann mit seinem MBA, als er etwa 25 war, Jonathan Blankfein mit etwa 24. Der durchschnittliche Harvard-MBA ist 27 Jahre alt. Die meisten Wharton-MBAs sind zwischen 25 und 31 Jahren alt. Wenn Sie über 30 Jahre alt sind, zehn Jahre Berufserfahrung haben und sich dann mit dem MBA in der Tasche als Associate im Bankwesen bewerben, fällt man tital aus der Reihe – und das gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass bei Goldman Sachs Leute schon mit 29 zum Managing Director ernannt werden.
Wie alt ist zu alt, wenn man den Wiedereinstieg sucht?
Was ist, wenn Sie Ihren Job im Banking verloren haben und wieder einsteigen wollen? Outplacement-Berater erklären, dass die Zeit, die man braucht, um eine neue Stelle zu finden, fast immer positiv mit dem Alter korreliert – auch wenn das wahrscheinlich kaum zu vermeiden ist, wenn man viel Erfahrung hat und eine ganz bestimmte Führungsposition sucht. Chris Carpmael, früher CFO der Credit Suisse für Europa, den Nahen Osten und Afrika, erklärte bekanntermaßen, dass nur wenige Über-50-Jährige bei der Schweizer Bank arbeiteten, weil dies einfach die „Natur der Branche“ sei. Er selbst nahm seinen Hut im Alter von 48.
Der M&A-Headhunter sagt, dass es bei Stellen in den Beratungsabteilungen der Banken keine Altersgrenze gäbe. Wie lange die eigene Karriere anhalte und wie gut die Beschäftigungsfähigkeit im Alter von 50, 60 oder über 60 sei, stehe und falle mit einer einzigen Sache: Den Kontakten. „Wenn Sie keine 40 sind und keine guten Kontakte haben, werden Sie nicht weiterkommen“, sagt er. „Aber wenn Sie gute Kunden haben, kriegen Sie wieder eine Stelle, egal wie alt Sie sind.“
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